Spline- bzw. Patch-Modeling (mit Surface-Tools)

Das “Surface-Tools”-Plugin, ursprünglich von Peter Watje für Digimation entwickelt, hat aufgrund seiner Funktionalität das klassische Patch-Modeling abgelöst. Wie schon des Öfteren hat Discreet dann die erprobten Komponenten “Cross Section” und “Surface” einige Versionsnummern später in den Grundbestand von 3ds max mit aufgenommen, welche die Grundlage des aktuellen Spline-Modeling darstellen.

Der Unterschied zum herkömmlichen Patch-Modeling ist folgender: Beim klassischen Ansatz wird das Patch selbst verformt, wohingegen bei den Surface-Tools die Konturen (die Splines) bearbeitet werden, die später das Patch umschließen.

Surface

Die Regeln dieser Technik sind schnell erklärt: Wir legen ein Netzwerk aus Splines an, welche die Konturen des Objektes beschreiben. Dieses Konstrukt wird als “Spline Network” oder “Spline Cage” bezeichnet. Der Surface-Modifier aus Version 3/4/5 beziehungsweise der in Version 6 um die Funktionen von Surface erweiterte “EditPatch”-Modifier generiert auf dem Spline-Netzwerk immer dann eine Patch-Oberfläche, wenn die Segmente der sich überschneidenden Splines eine drei- oder vierseitige Fläche bilden. Werden diese Regeln nicht eingehalten, funktioniert der “Surface”- bzw. “Patch”-Modifier nicht – es wird keine Oberfläche erstellt!

Eine von vier Eckpunkten definierte Fläche erzeugt, genauso wie beim Poly-Modeling, bessere Smoothing-Ergebnisse. Man sollte also darauf bedacht sein, das Objekt weitgehend aus vierseitigen Patches aufzubauen. Immer wird dies jedoch nicht möglich sein.

Das Erkennen der wesentlichen Konturlinien und die vorausschauende Planung des Spline Cages beschreiben die eigentliche Schwierigkeit dieser Technik. Gute Pfadfinder haben es hier leichter. Viele Modeler analysieren das, was sie sehen und scheinen fast unbewusst zu überlegen, aus welchen Kurven sie das jeweilige Objekt konstruieren könnten. Mit der Zeit entwickelt man ein Auge für den sinnvollen Aufbau eines Objektes und kommt mit immer weniger Pfaden aus. Weniger Pfade sind wegen der geringeren Basisauflösung vorteilhaft, und die damit einhergehende Anzahl der Punkte macht das Modell übersichtlicher und erleichtert die Modifizierung. Wenn aber mit wenigen Punkten komplexe Pfade erzeugt werden sollen, wird der Einsatz von Bézier-Handles notwendig, um die gewünschten Kurvenverläufe zustande zu bringen. Die Ausgestaltung eines Objekts über Bézier-Handles ist in statischen Bereichen unproblematisch. Wenn der Spline Cage jedoch als Steuerungselement zum Erstellen von Morph-Targets verwendet werden soll, empfiehlt es sich, in bewegten Sektoren leicht kontrollierbare Kurven (mit der Option Smooth) zu verwenden. Andernfalls müssten die feinjustierten Bézier-Handles nach jeder Bewegung erneut aufwändig ausgerichtet werden.

Cross Section

Die zweite Komponente der ehemaligen Surface-Tools ist der Cross Section-Modifier (Release 3/4/5), dessen Funktionalität in Version 6 zu einem Bestandteil von “Editable Spline” geworden ist. Dieser kann uns in diversen Situationen viel manuelle Arbeit, nämlich die Erstellung von Verbindungssegmenten zwischen verschiedenen Punkten, abnehmen. Beine, Arme oder Finger sind gute Beispiele für den sinnvollen Einsatz. Folgende Aspekte sind zu bedenken: Die miteinander zu verbindenden Splines müssen dieselbe Vertex-Anzahl haben und in der Reihenfolge angeordnet werden, in der sie erstellt wurden. Wurde die Reihenfolge verändert, kann über die Attach-Funktion die Abfolge vorgegeben werden, in der die Splines miteinander verbunden werden. Ebenfalls neu ist die Connect Copy-Funktion, die automatisch Verbindungslinien zwischen den Editable Spline-Elementen und den hiervon erzeugten Kopien erstellt, wenn diese über Shift in Kombination mit Move, Rotate oder Scale erstellt werden. Die Connect Copy-Option muss im SubLevel-Segment oder Spline zuerst aktiviert werden.

Release 6-Features

In Version 6 wurden diverse Verbesserungen für das Editable Patch vorgenommen, die sich am Editable Poly orientieren. Die Selektionsfunktionen umfassen jetzt ebenfalls Shrink, Grow, Ring, Loop, Select Open Edges und einen Shaded Face Toggle innerhalb der Soft Selection-Sektion. Darüber hinaus wurden folgende Funktionen implementiert: Copy/Paste-Tangents, automatisches Patch Smoothing, Extrude Spline, schnellere Viewport-Performance durch Filterung der Interior Edges, Darstellung der Bézier-Handle-Optionen im Quad-Menü ohne genaue Positionierung der Maus über dem selektierten Vertex und ein neuer “Handle-Subobject-Level”. Neben diesen Neuerungen wurde der Workflow folgendermaßen abgeändert:

  1. Die Funktion des Cross Section-Modifier ist jetzt als Funktion in Editable Spline integriert.
  2. Die Funktion Surface-Modifier ist zum Bestandteil von Edit Patch geworden, zu finden in der Spline Surface-Sektion.

Aus ursprünglich vier benötigten Komponenten (Editable Spline, Cross Section, Surface und Edit Patch) sind zwei geworden, es wurde also jeweils ein Zwischenschritt wegrationalisiert. Da sich die angesprochenen Veränderungen nicht übermäßig auf das gewohnte Vorgehen beim Spline-Modeling auswirken, habe ich das folgende Projekt derart gestaltet, dass es auch für niedrigere Versionen anwendbar ist. Wenn es zu Vorgehensabweichungen zwischen Release 6 und früheren Versionen kommt, werden beide Möglichkeiten angesprochen.