Tools, Aspekte und Stilarten

Dieses Kapitel beinhaltet eine Gegenüberstellung der verschiedenen Ansätze und zeigt deren Vor- und Nachteile auf.

“Digitale Modellierung ist eine neue und großartige Kunstform, die zweifelsohne ihren Platz neben traditionellen Ansätzen wie Malerei oder Bildhauerei einnehmen wird. Die große Herausforderung beim Erlernen von Modellierung ist das Entwickeln von Strategien und Techniken, die es einem Künstler erlauben, vom Allgemeinen auf das Spezifische hinzuarbeiten – grobe Konturen zu erschaffen, bevor man Detail hinzufügt. Dies ist ein ernst zu nehmendes Unterfangen, eines Künstlers würdig, und stellt eine weit größere und wichtigere Leistung dar, als die Bedienung einer Software zu erlernen. Jede Modellierungstechnik, die ihren Namen wert ist, wird sich mit dieser Problematik auseinandersetzen.” (Robert Polevoi)

Warum überhaupt selbst modellieren?

Abbildung 1 - BlondeAbb. 1: “Blonde”, image courtesy
of Arthur Santel (Poser)

Abgesehen von denen, die das Modeling zu ihrer Leidenschaft erheben, ist die Versuchung für viele groß, auf fertige Modelle zurückzugreifen. Turbo Squid, Viewpoint, 3D02 und De Espona sind nur einige von vielen Modelldatenbanken, die bei Bedarf konsultiert werden können. Die Auswahl an fertigen Objekten unterschiedlichster Qualitätsstufen ist schon jetzt nicht mehr zu überblicken. Hinzu kommt, dass automatisierte Ansätze wie Poser oder Plugins wie etwa FaceFactory einen Modeler im Hinblick auf das Aufwand-Nutzen-Verhältnis häufig in »Versuchung« führen können, da die vorgefertigten Modelle mittlerweile einen sehr hohen optischen Level erreicht haben und nach nur wenigen Mausklicks bereitstehen. Auf dieser Grundlage werden außergewöhnliche Ergebnisse erzielt, wie die folgenden Beispielbilder zeigen.

Im Vergleich dazu kann der langwierige Modellierungsakt schnell frustrieren. Da Mesh-Variationen in automatisierten Ansätzen jedoch nur bedingt durchführbar sind, begegnen wir genau an dieser Stelle einem ersten Problem:
Denn sobald man die bereits vorhandenen Modelle auf die jeweiligen eigenen Bedürfnisse zuschneiden möchte, muss man sich mit der Schwierigkeit des “Abänderns” konfrontieren. Natürlich ist die Taktik des “Zurückgreifens auf fremd erstellte Modelle” aus Produktionssicht vollkommen legitim, da Aspekte wie Zeitknappheit oder limitierte Budgets häufig eine große Rolle in der Planung spielen. Wird dieses Verfahren jedoch zur normalen Situation, dann finden wir hier eine Parallele zum bereits angesprochenen Verhältnis “Power-User/High-End-System”. Ein Power-User weiß die Vorteile eines schnellen Systems zu schätzen und zu nutzen, er ist davon jedoch nicht abhängig – ebenso wenig wie von fremd erstellten Modellen.

Abbildung 2 - LegolasAbb. 2: “Legolas”, image courtesy
of Arthur Santel (Poser)

Wie sieht die Vorgehensweise aus, wenn ein bestimmtes, konkret definiertes und schlichtweg noch nicht modelliertes Objekt verlangt wird? Spätestens dann fehlt das Know-how und/oder die Übung! Denn auch wenn die Grundlagen der digitalen Bildhauerei in ihrer Technik relativ schnell zu erlernen sind, muss der Blick für Aufbau, Proportionen und Detail erst geschult werden.

Die Fähigkeit zu modellieren ist zu fundamental, als dass man ohne diese Grundlage im 3D-Alltag ernsthaft existieren könnte. Sie markiert den Beginn fast jeder Produktion. Der einzige mögliche Ausweg aus diesem Dilemma besteht darin, die Vollendung in einem anderen Teilbereich zu erlangen und eine Anstellung für genau diese Aufgabe zu finden.

Modeling ist keine Zauberei und aus mehreren Aspekten extrem dankbar. Alles, was wir hier erlernen, ist mit wenigen Ausnahmen und ohne großen Mehraufwand auf andere Software-Pakete übertragbar. Welcher Rigger könnte das von sich behaupten? Sein Wissen ist zu softwarespezifisch und erlaubt keinen Ausfallschritt. Aber ein Face ist immer ein Face, ein Spline immer ein Spline – ganz egal wo.

Die Grundlagen von Nurbs-Modeling habe ich beispielsweise in “Maya” erlernt (man sollte sich immer eine gewisse Unabhängigkeit bewahren und aus der Wahl der Software keine Ideologie machen) und dort erworbenes Wissen später in einem “Rhino”-Projekt (nach kurzer Einarbeitung) weiter ausgebaut!

Sollte also mangelndes Know-how der Grund dafür gewesen sein, dass nicht selbst Hand angelegt wurde, so kann auf den folgenden Seiten schnell Abhilfe geschafft werden. Wenn die verschiedenen Techniken bereits bekannt sind, ist die Lösung noch viel einfacher:
Üben, üben, üben!