Projekt: Pullover

Wir kommen nun zum praktischen Teil der Kleidungserstellung. Ausgangsbasis ist die Szene “cloth_02_GM.max”, in der wir aus einem Schnittmuster einen Pullover für Nils nähen werden.

Einen Pullover erstellen

1. Garment Maker-Modifier

Das Shape, das dem Schnittmuster zugrunde liegt, besteht aus den vier folgenden Elementen: rechter Ärmel (1), Rückseite des Pullovers (2), Vorderseite des Pullovers (3) und linker Ärmel (4). Die Splines, aus denen sich das Schnittmuster-Shape zusammensetzt, müssen zwei Bedingungen erfüllen: Sie müssen zum einen im Top-Viewport erstellt werden und zum anderen aus mehreren offenen Segmenten aufgebaut sein. Dies liegt daran, dass die “Bruchstelle” innerhalb der Segmente den Anfangs- und Endpunkt der Nahtstellen definiert. Demzufolge würde ein Spline mit durchgängigen Segmentelementen eine in sich geschlossene Naht ergeben und könnte deshalb nicht mit einem anderen Element vernäht werden. Die Schnittmuster-Grafik zeigt die Segmentunterteilungen.

Dem Shape “nils_shirt” weisen wir zu Beginn den Garment Maker-Modifier zu – die Splines werden mit dem Cloth Mesh überzogen. Mit Hilfe des Density-Parameters lässt sich die Auflösung der Geometrie steuern. Wir begeben uns in den Curve-Subobject-Level und selektieren die markierten Edges.

Mittels Create Seam erstellen wir die erste Verbindungsnaht. Das Signalfenster Seam Segments Not Within Tolerance weist uns darauf hin, dass die Nähte unterschiedlich lang sind. Wir können dies entweder durch Veränderung der Schnittmuster-Splines korrigieren oder aber den “Seam Tolerance”-Parameter erhöhen. Als Nächstes soll der rechte Ärmel mit nur einer Naht befestigt werden.

2. Multisegments

Das bringt uns zum kniffligen Teil von ClothFX – den so genannten “Multisegments”, ohne die sich diese Vorgabe nicht realisieren lässt. Da dieser problembehaftete Teil in Stitch nie dokumentiert wurde, möchte ich hierauf etwas genauer eingehen. Wir benötigen Multisegments dann, wenn eine einzelne Naht mehr als zwei Segmente miteinander verbinden soll – in unserem Fall (1) die zwei blauen der Armhöhlen und das grüne Segment des Ärmels. Problematisch ist, dass hier eine bestimmte Reihenfolge der Nahterstellung eingehalten werden muss. Ansonsten wird gar keine oder eine falsch verlaufende Naht erzeugt.

Die Regel besagt erstens, dass man zwei Segmente eines Multisegments nur dann mit einem dritten verbinden kann, wenn eine der angrenzenden Nahtstellen (siehe 2 und 3) bereits geschlossen wurde. Zweitens kann kein in sich geschlossenes Segment (z. B. bereits zugenähte gelbe Edges) mit dem Multisegment verbunden werden. Grundvoraussetzung für die Erstellung einer Multisegment-/Segmentnaht ist also das Schließen von (2) oder (3). Welche der angrenzenden Nahtstellen, also Schulter (2) oder Seite (3), als Erstes geschlossen wird, bestimmt dann den Nahtverlauf zwischen den blau und grün markierten Segmenten (1). Da die Naht auf der Unterseite des Ärmels verlaufen soll, müssen wir in diesem Fall zuerst die Schultersegmente schließen. Dies bewirkt, dass die gelb markierten Segmente (1) des Ärmels an der Seiten-Nahtstelle (2) zusammenlaufen werden. Anschließend erstellen wir das Multisegment (blau) und vernähen dieses mit der grün hervorgehobenen Naht des Ärmels (1). Danach schließen wir die seitliche Naht (3). Und um der Problematik in sich geschlossener Elemente gerecht zu werden, fügen wir als Letztes die gelb markierten Nähte des Ärmels zusammen.

Noch ein Wort zu Reverse Seam: Die Ausrichtung der Naht kann in unserem Fall (und komplizierter wird es kaum werden) deshalb nicht über “Reverse Seam” korrigiert werden, weil bei der Verbindung eines Multisegments mit einem Einzelsegment jeweils die ersten Vertices beider Elemente miteinander verbunden und von dort ausgehend die Vertices entlang der Naht geschlossen werden.

Wenn die Naht mittels Reverse Seam umgekehrt wird, passiert nichts anderes, als dass das erste Vertex des einen Elements dem letzen Vertex des anderen zugewiesen wird und von dort aus rückwärts arbeitet – es kommt zur Überkreuzung. Wenn die Schulter-Segmente offen bleiben, bewirkt dies, dass das Vertex des Multisegments, das an die Schulter angrenzt, nun das erste (im Sinne von “Make First”) wird und dem ersten Vertex des Ärmels, das sich nach Anpassung mittels der “Curve”-Funktion auf der Unterseite befindet, zugeordnet wird. Daraus folgt, dass die Naht versucht, den oberen Teil der Schulter mit dem unteren Teil des ærmels zu verbinden; aus diesem Grund wird sie überkreuzt. Wenn wir also die Schulternaht schließen und die Seitennaht dafür offen lassen, weisen wir die Vertices einander korrekt zu.

Wir setzen wieder bei dem rechten Ärmel ein und selektieren die inneren Segmente der Achselhöhlen (blau), fassen diese mittels Make Multisegment zu einem Multisegment zusammen. Danach wählen wir das dritte Element aus und erstellen über Create Seam die verbindende Naht.

Danach schließen wir mittels Create Seam die Seiten- und Ärmelnaht.

Denselben Vorgang wiederholen wir dann für die äußeren Segmente. Siehe Szene “cloth_03_GM.max”.